1. Rathaus, allgemeinen Informationen zum Gedenkweg (Station 1)
2. Standort ehemaliges Kaufhaus Löwy (Station 2)
3. Bahnhof, Opfer des Nationalsozialismus allgemein (Station 3)
4. Standort ehem. Gendarmeriegebäude, Romnija und Roma (Station 4)
5. Bezirksgericht, Opfer der politisch Verfolgten aus Oberwart (Station 5)
6. Altes Spital, Opfer der NS-Medizin (Station 6)
7. Jüdischer Friedhof (zum Video)
8. Synagogengebäude, heute Musikschule (zum Video)
9. Rabbinerhaus
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Bis in das zweite Drittel des 19. Jahrhunderts genossen jüdische Familien
im Südburgenland das Wohnrecht nur in Orten des Herrschaftsbereichs der
Adelsfamilie Batthyány. Erst mit dem „Israelitengesetz“ 1867 in Ungarn
durften sie sich außerhalb dieser Orte ansiedeln. So auch in Oberwart, das
als aufstrebender Ort der Region für die Ansiedlung attraktiv war.
Seit 1868 gab es in Oberwart eine Filialgemeinde der israelitischen
Kultusgemeinde Schlaining. Die Zahl der jüdischen OberwarterInnen stieg auf
101 im Jahr 1890. Im gleichen Zeitraum sank die Zahl jüdischer Familien in
Stadtschlaining. Mit dem Anstieg der Oberwarter Mitglieder forderten diese
nun auch das Recht auf Bildung einer eigenständigen Kultusgemeinde. Im Jahr
1904 wurde die Synagoge errichtet, in dessen Gebäude sich heute die
Musikschule befindet. Aber auch religiöse Gründe trieben den
Loslösungsprozess von Schlaining voran. Liberal ausgerichtete
OberwarterInnen standen den religiös konservativen Schlaininger
Gemeindemitgliedern gegenüber. Im Jahr 1923 kündigte Rabbiner Felix Blau aus
Schlaining seine dortige Anstellung und übersiedelte in die Filialgemeinde
nach Oberwart. Schließlich wurde 1930 die Filialgemeinde Oberwart als
eigenständige israelitische Kultusgemeinde von der Bezirkshauptmannschaft
anerkannt.
Die NS-Machtübernahme im März 1938 bedeutete das Ende der jüngsten
Kultusgemeinde des Burgenlandes und des jüdischen Lebens in Oberwart. Noch
am Abend des 11. März verlangten SA-Männer aus Oberwart Einlass in die
Wohnungen jüdischer Familien und verhafteten die Männer, um sie zu verhören.
Unter Drohungen und mit körperlicher Gewalt wurden sie und ihre Familien zum
Verlassen des Ortes gezwungen. Einige wurden erniedrigt und genötigt, unter
der Aufsicht der Nationalsozialisten am Hauptplatz die Straße zu reinigen.
Die meisten jüdischen Familien Oberwarts flüchteten zunächst nach Wien, wo
sie bei Familienangehörigen Zuflucht fanden und von dort die Emigration und
Flucht ins rettende Ausland betrieben.
Nach den „Nürnberger Rassengesetzen“ der Nationalsozialisten wurden in
Oberwart 141 Personen als „jüdisch“ angesehen. Bislang hat die Forschung 41
aus diesem Grund verfolgte und ermordete OberwarterInnen identifiziert. Von
42 ist dokumentiert, dass sie rechtzeitig ins Ausland fliehen und überleben
konnten. Von den restlichen 58 OberwarterInnen weiß man bis heute nichts
über deren Verbleib.
Kurze Beschreibung des Rundganges
2015 wurde in Oberwart ein Gedenkweg errichtet, der an alle Oberwarter
Opfer des Nationalsozialismus erinnern soll. Jeder dieser Orte erzählt auf
Texttafeln stellvertretend die Geschichte verschiedener Opfergruppen. Jede
Tafel steht für Menschen, die einst Mitglieder der Oberwarter Gesellschaft
waren und in der NS-Zeit aus dieser ausgeschlossen und vertrieben oder
ermordet wurden.
Der Gedenkweg startet beim Rathaus mit allgemeinen Informationen (Station
1). Bei der Bezirkshauptmannschaft wird der jüdischen Bevölkerung Oberwarts
gedacht (Station 2). Von da gelangt man den Stadtpark querend zum Bahnhof,
wo an alle Opfer des Nationalsozialismus erinnert wird (Station 3). Beim
Standort des ehemaligen Gendarmeriegebäudes finden sich Texte über die
verfolgten Oberwarter Romnija und Roma (Station 4). Über die Wienerstraße
geht man zurück und kommt zum Bezirksgericht, wo eine Tafel an die Opfer der
politisch Verfolgten aus Oberwart erinnert (Station 5). Auf der
Steinamangerer Straße biegt man nach etwa 300 m in die Spitalgasse zum
ehemaligen Krankenhaus ab, wo die letzte Station an die Opfer der NS-Medizin
erinnert (Station 6).
Neben diesem Gedenkweg bieten sich noch der jüdische Friedhof in der
Linken Bahnzeile (neben dem Evangelischen Friedhof), das Synagogengebäude
(heute Musikschule) in der Ambrosigasse Nr. 13 und das ehemalige
Rabbinerhaus auf Nr. 15 als Erweiterung des Rundganges an. Ein Interview mit
dem 1938 vertriebenen Oberwarter Joseph P. Weber ist am Videokanal
„Vertrieben“ zu sehen, sowie ein weiteres mit der aus Pinkafeld stammenden
Alice Howson.
Die Initiative bestehend aus mehreren Vereinen und Institutionen begann
2013 mit der Planung eines Gedenkweges für die Opfer des Nationalsozialismus
in Oberwart, der im Jahr 2015 fertiggestellt wurde. An der Realisierung
waren beteiligt: Verein RE.F.U.G.I.U.S. | Evangelische Pfarrgemeinde A.B.
Oberwart | Stadtgemeinde Oberwart | Burgenländische Forschungsgesellschaft |
Burgenländische Volkshochschulen | Volkshochschule der Burgenländischen Roma
| OHO – Offenes Haus Oberwart | K.B.K. – Kultur.Bildung.Kunst
[1] Hosemann, Simon: Virtuelle Rekonstruktion der Synagoge in
Oberwart/Felsoor. Dipl. Arbeit an der Technischen Universität Wien. Wien
2015.
Publikation Online
[2] Lang, Alfred / Tobler, Barbara / Tschögl, Gert (Hg.): Vertrieben.
Erinnerungen burgenländischer Juden und Jüdinnen. Wien 2004.
[3] Mindler, Ursula: „Ich hätte viel zu erzählen, aber dazu sage ich
nichts…“ – Oberwart 1938. Oberwart 2008.
[4] Mindler, Ursula:Grenz-Setzungen im Zusammenleben. Verortungen
jüdischer Geschichte in der Provinz am Beispiel Oberwart/Felsoor.
Innsbruck/Wien/Bozen 2011.
[5] Mindler, Ursula: Die jüdische Gemeinde von Oberwart/ Felsoor.
Oberwart 2013.
[6] Tschögl, Gert: Geschichte der Juden in Oberwart. In: Baumgartner,
Gerhard/Müllner, Eva/Münz, Rainer (Hg.): Identität und Lebenswelt.
Ethnische, religiöse und kulturelle Vielfalt im Burgenland. (=
Tagungsband der Burgenländischen Forschungsgesellschaft). Eisenstadt
1989, S. 116-127.
Alle Interviews: Drin. Ursula Mindler-Steiner, 2020.
Kamera und Ton: Justin Ramon Kodnar
Schnitt: Justin Ramon Kodnar, Michael Schreiber
Website Gestaltung und Betreuung: Gert Tschögl
Die Videos wurden von der Burgenländischen Forschungsgesellschaft im Rahmen der Europäischen Tage der Jüdischen Kultur 2020 produziert.
Medienkooperation:
noviglas.online | Hrvatski akademski klub – HAK – Kroatischer akademischer Klub
In Kooperation mit: gedenkweg.at